Magazin 04/2023

Philosophie und Kunstvermittlung. Eine Selbstreflexion

Von Xiao Xiao

Auf welche Weise kann Philosophie dazu beitragen, Werke der bildenden Kunst den Menschen näherzubringen? Was kann die Kunstvermittlung von der Philosophie lernen? Und was kann die Philosophie über sich selbst lernen, wenn sie sich mit Kunstwerken konfrontiert, die ihren Ausdruck gerade nicht im Medium der Philosophie, nämlich der Sprache, finden? Diesen Fragen geht Xiao Xiao in ihrem Beitrag für das v. Hase & Koehler-Magazin nach. Xiao hat im Verlag v. Hase und Koehler zuletzt ihre Studie über Philosophie und Künste Ostasiens im Werk von Günther Uecker veröffentlicht.

 

Auf welche Weise kann philosophische Kunstvermittlung einem Rezipienten ein Kunstwerk näherbringen? Eine Antwort auf diese Frage könnte darin liegen zu ergründen, ob Philosophie auf ihren logisch-analytischen Formulierungsstil beschränkt ist oder ob sie mithilfe literarischer bzw. anderer künstlerischer Mittel ihre Artikulationsgrenze überschreiten kann. Das impliziert weiter, dem besonderen Verhältnis von auf Handlungen basierender Kunstpraxis und auf Schrift und Sprache angewiesener Philosophie nachzugehen.

Als Kunstwissenschaftlerin beschäftige ich mich mit der Frage, wie ich in meiner Kunstvermittlungspraxis eine neue Beschreibungsweise von Kunstwerken finden kann, die einen besonderen Raum eröffnet, in dem Werke der bildenden Künste nicht nur sprachlich umschrieben und analysiert werden, sondern der Rezipient auch emotional an die Kunstwerke gebunden wird. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob Sprache allein die von mir angestrebte Art und Weise der Beschreibung zu leisten imstande ist. Kann Philosophie eine geeignete Praxis sein, um die Grenzen der Sprache zu erweitern, auf dass sich diese neue Art der Beschreibung einem Bereich nähern kann, in dem Nicht-Sprachliches artikulierbar werden kann? Eine Antwort kann in der Untersuchung von Artikulationsformen liegen und wie diese es dem Rezipienten ermöglichen, das Unsagbare zu interpretieren, wie es auch in anderen Kulturräumen seit langem üblich ist. Die altjapanische Haiku-Gedichtform ist hierfür ein gutes Beispiel.

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