Neuerscheinungen
aktuelle Rezensionen
Werner Vogd
Selbst- und Weltverhältnisse
Mit der von Wittgenstein aufgeworfenen Frage: »Wie können wir gut mit unserer eigenen Blindheit umgehen?« […] informiert und diskutiert der Soziologe von der Universität Witten/Herdecke, Werner Vogd, über Aspekte und Ergebnisse von Arbeiten aus der »Forschungswerkstatt« der Hochschule. […]Im Schlussbeitrag führt der Autor die diskutierten, analysierten und problematisierten Aspekte zu den Selbst- und Weltverhältnissen zusammen. Die Erkenntnis, dass Lebensvollzüge und Wertbezüge eine Einheit bilden, sich epistemologische und ontologische Grundlagen miteinander verschränken und sich selbst in Differenz zum Selbst und zur Umwelt stellen, »epistemische Unbestimmtheit(en)« hervorbringen und Entfremdung verursachen, sollte im interdisziplinären, wissenschaftlichen Diskurs um Gewalt berücksichtigt werden.Jos Schnurer, socialnet.de, 28.03.2018.
Marie-Luisa Frick
Menschenrechte und Menschenwerte
Frick [schlägt] eine semantisch gehaltvolle Essenz der Menschenrechtsidee vor, überführt sie mit dem Prüfstein konzeptioneller Belastbarkeit in eine Systematik, mit deren Hilfe Exklusionen als Verstöße identifiziert werden können. Anschließend werden religiöse […] und säkulare Vorstellungen auf einem anspruchsvollen Spaziergang hinsichtlich ihrer Kompatibilität überprüft. Ergänzt durch die Frage nach einer politischen Durchsetzung lassen sich damit diverse Akkommodationen der Menschenrechte normativ vergleichen und bewerten, ohne dass hier am Ende die umfassend beste Variante als Heilsversprechen ex machina präsentiert wird.Elmar Nass, Zeitschrift für Politik, Bd. 1 2018.
Matthias Leanza
Die Zeit der Prävention
[Die] historisch-genealogische Darstellung der Prävention ist die große Stärke des Buches. Wie der Zeitform der Prävention gelingt es auch der Genealogie, die „Metaphysik der Präsenz“ in Frage zu stellen. Hier allerdings gleichsam aus der umgekehrten Richtung: nicht die Zukunft, sondern auch die Vergangenheit als Geschichte dieser Zukünftigkeit prägt unsere Gegenwart. Das etabliert eine reflexive Distanz, die es nicht nur erlaubt – wie Leanza bemerkt –, in kritischer Perspektive die Selbstverständlichkeit von Präventionspraktiken in Frage zu stellen. [...] Es ist eben nicht das x-ste Buch zu präventivem self-tracking und wird, gerade weil es sich von der Unmittelbarkeit der Gegenwart ein Stück weit distanziert, gewiss eine weitaus längere Halbwertszeit haben.Andreas Folkers, theorieblog.de, 28.03.2019.
Gunter Gebauer, Manfred Holodynski, Stefan Koelsch, Christian von Scheve
Von der Emotion zur Sprache
Eine der zentralen philosophischen Fragen der Gegenwart ist, wie Kommunikation über Gefühle und damit Verständigung über entscheidende Aspekte des menschlichen Lebens entstehen kann. [...] Der Band »Von der Emotion zur Sprache« zeichnet sich neben der akribischen Bearbeitung dieses weiten Problemfeldes durch echte interdisziplinäre Forschung aus: Die vier Autoren - Gunter Gebauer, Philosoph und Wittgenstein-Experte, Manfred Holodynski, Entwicklungspsychologe, Stefan Koelsch, Experte für biologische Psychologie und Musikpsychologie, sowie Christian von Scheve, Soziologe - finden eine gemeinsame Antwort, die dennoch aus der Perspektive einzelner Fachdisziplinen entstanden ist. Dies ist eine der erstaunlichen Leistungen dieses Buches.Gert Scobel, Philosophie Magazin, Nr. 05/2018.
Christian Bachhiesl, Sonja Maria Bachhiesl, Stefan Köchel
Intuition und Wissenschaft
Doch hat der Geistesblitz im hektischen und von bürokratischen Pflichten geprägten Wissenschaftsbetrieb der Gegenwart überhaupt noch eine Chance einzuschlagen? Ja, sagt Bachhiesl, denn ›den Geistesblitz kümmert das nicht, als Blitz fährt er ein, wenn er will, Administration hin und Organisation her‹. Dann muss man sich die Zeit nehmen, Intuition in wissenschaftlich brauchbare Ergebnisse zumzumünzen. Und vielleicht sollte man sich nach Phasen höchster Konzentration öfter mal eine Pause gönnen und auf das Bauchgefühl achten. Oder wie Kelkulé es ausdrückte: ›Lernen wir träumen, meine Herren, dann finden wir vielleicht die Wahrheit‹.Alexandra Bleyer, Salzburger Nachrichten, 01.09.2018.
Sven Ellmers, Philip Hogh
Warum Kritik? Begründungsformen kritischer Theorien
Die große Stärke dieses Bandes ist, dass Theorien angesprochen werden, die nicht zum Mainstream der kritischen Theorie gehören, etwa Beiträgen über den Perfektionismus oder die Philosophie Rainer Forsts. Greift man den Faden auf, dass sich kritische Theorie vor allem als Krisenwissenschaft versteht, wird dieser Band dem Anspruch teilweise gerecht: An vielen Stellen steht die Exegese im Vordergrund, aber es gelingt den Autor*innen, mit lebensnahen Beispielen die z.T. sehr komplexen Theorien zu illustrieren, etwa der Artikel über den Perfektionismus oder über Resonanz. Der Fairness halber sei angemerkt, dass es auch nicht der Anspruch dieses Buches war, eine Antwort auf aktuelle Herausforderungen oder einen weiteren Ausflug zur Zeitdiagnose zu geben.Martin Gloger, socialnet.de, 11.10.2018.
Gesa Lindemann
Weltzugänge
Lindemanns Analysen der Plessnerschen philosophischen Anthropologie gehören zweifellos zu den kenntnisreichsten Ausführungen, die derzeit zu bekommen sind. Der systematische Anspruch, den die Autorin mit diesen Ausführungen verbindet, schlägt überdies ein ums andere Mal höchst aufschlussreiche Funken, die Licht auf viele aktuelle theoretische Fragen der Soziologie werfen. Es kann nicht unterschlagen werden, dass Lindemanns Konzeption des ›primordialen‹ Modus der sozial-zeitlich und räumlich expandierten Weltoffenheit z. B. die leicht stagnierende Debatte innerhalb der Praxeologie (bezogen auf die Frage nach der intentionalen Infrastruktur von Praktiken) um Längen an Differenziertheit schlägt. Hier sind viele Einsichten zu gewinnen, die von der Fachdiskussion verarbeitet werden müssen. Denn hier entfalten die Überlegungen von Lindemann – als systematische Explikation immer noch aktueller Implikationen der Plessnerschen Anthropologie – tatsächlich einen weiterführenden Zugang zu der Frage, wie eigentlich die Spannung zwischen situationstranszendenter Ordnung und praktischem Situationsvollzug bearbeitet werden müsste.Joachim Renn, Soziologische Revue, 41(3).
Sarhan Dhouib
Formen des Sprechens, Modi des Schweigens
Der Band wirbt nicht nur für ein transkulturelles Verständnis arabischer Lebensumstände, er reißt den Leser auch aus der Selbstgefälligkeit eines politischen Selbstverständnisses, das sich im Rahmen einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung über solche Machtfragen erhaben wähnt.Burkhard Liebsch, Süddeutsche Zeitung, 27.11.2018.
Franziska Martinsen
Wissen – Macht – Meinung
Wie jeder technologische Innovationsschub kann auch Digitalisierung segensreich sein und Erleichterungen im Alltag verschaffen; bei ihrer Nutzung im Hinblick auf die erst einmal unabwendbare ‚Industrielle Revolution 4.0‘ muss man allerdings schon genauer hinschauen und auf den Zweck gucken. Davon wird Demokratie – wie sie ist und wie sie sein bzw. sich weiterentwickeln sollte – beeinflusst. Das Buch dokumentiert dazu nicht nur Positionen, sondern regt zu Diskussionen an, innerhalb derer Meinungen mit Wissen gesättigt werden können und ggf. die Frage aufkommt, welche ‚Macht‘ nach welcher ‚Vernunft‘ die Nutzung digitaler Möglichkeiten in Szene setzt.Arnold Schmieder, socialnet.de, 26.02.2019.
Michael N. Ebertz, Ramona M. Kordesch, Josef Wieland
Die Arbeit der Zivilgesellschaft
Die bei der Zukunftskonferenz diskutierten Prämissen zur »Arbeit der Zivilgesellschaft« greift mit den politischen, ökonomischen, ethischen, ästhetischen und weltanschaulichen Aspekten weit in die gesellschaftlichen Sphären eines zivilgesellschaftlichen Denkens und Tuns aus. Die lokale und globale »Wiederentdeckung der Qualität von Sozialräumen« und Existenzen macht es notwendig, auf den unterschiedlichen Feldern eines demokratischen und freiheitlichen Grundverständnisses von Gesellschaft einen Perspektivenwechsel zu vollziehen. Die österreichische Stiftung »Societas Futura. Gesellschaft Gestalten« nimmt die Sammlung und den Nachlass von Maximilian und Henriette Florian zum Anlass, nach Formen und Initiativen einer neuen Arbeitsteilung von Staat, Markt und Gesellschaft zu suchen!Jos Schnurer, socialnet.de, 12.03.2019.
Bernhard H. F. Taureck
Hamlet: Widerstand gegen den Überwachungsstaat
Die Stärke von Taurecks originellem und unkonventionellem Zugang zu Shakespeares Hamlet liegt zweifellos in seiner hermeneutischen Courage und in den anregenden Provokationen, die seine Deutungsvorschläge auslösen. Der „interkulturelle Kontext“, den er herstellt, muß nicht immer überzeugen, er erweitert aber den Horizont der Einordnung, und er lädt ein zu Vergleichen mit akuten Fällen staatlicher Überwachungspraktiken in unserer Zeit. Neugierig darf jeder Leser sein, auf den vom Autor zum Abschluss präsentierten Vorschlag zu einer Inszenierung des Hamlet.Enno Rudolph, faust-kultur.de, 16.05.2019
Helmut König
Elemente des Antisemitismus
Weil in der Rezeptionsgeschichte der Dialektik die ›Elemente‹ kein wichtiges Thema waren, ist die vorliegende Studie im Zusammenhang mit der Antisemitismusforschung von nicht zu unterschätzender Bedeutung.Helmut Reinalter, Zeitschrift für Internationale Freimaurer-Forschung 41/2019.
Andrea Kretschmann
Regulierung des Irregulären
Andrea Kretschmann hat mit der vorliegenden Publikation im wörtlichen Sinn Licht in den bis heute oftmals im Dunkeln gehaltenen Bereich der 24-Stunden-Pflege gebracht. Ungeachtet des anspruchsvollen wissenschaftlichen Niveaus ist dem Buch zu wünschen, dass es über den Kreis der akademischen Welt hinaus zur Kenntnis genommen wird und die Auseinandersetzung mit dem Care-Thema gesellschaftspolitisch bereichert.Erna Appelt, Österreichische Zeitschrift für Soziologie, 2018, Vol. 48.
Bernadette Goldberger
Populismus an der Macht
Der Band bietet fachwissenschaftlich Interessierten einen vertieften Einblick in die Diskursproduktion und gibt darüber hinaus Einblicke in die innerargentinischen Verhältnisse, die auch eine breitere Leserschaft interessieren könnten. [...] Die Stärke der Arbeit ist, dass sie im Detail auf breiter Quellenbasis analysiert, wie der Populismus im Diskurs funktioniert.Beate Küpper, Soziologische Revue 2019; 42(2).
Christian Müller
Doing Jazz
In der gelungenen Verknüpfung von Interviewsequenzen, Theoriezitaten und soziologischer Kategorienbildung ist ein hochkomplexes Gedankenmosaik entstanden, das für die Kultur- und Sozialwissenschaften eine Reihe viel versprechender Anschlussmöglichkeiten bietet.Ronald Kurt, Soziologische Revue 2019; 42(2).
Jonas Heller
Mensch und Maßnahme
Gegen die weithin geteilte Annahme einer eindeutigen Opposition von Menschenrechten und Ausnahmezustand zeigt Heller, dass beide Phänomene als rechtliche Mittel ineinandergreifen können. Menschenrechte sind nicht das Gegenteil des Ausnahmezustands, sondern können ihn ein- und umsetzen. [... eine] außerordentlich lesenswerte Analyse.Johannes Haaf, Zeitschrift für philosophische Literatur 7.2 (2019).
Martin W. Schnell
Ethik im Zeichen vulnerabler Personen
Martin W. Schnell untersucht in ausserordentlicher Breite und Tiefe den Topos »Ethik im Zeichen vulnerabler Personen«, also in ihrer verletzbaren Leiblichkeit, Endlichkeit und Nichtexklusivität. [Ein] tiefer und zugleich panoramatischer Blick.Marga u. Walther Prankl, kultur-punkt.ch, August 2019.
Christine Dunger, Martin W. Schnell
Digitalisierung der Lebenswelt
Die bisher weitgehend im Digitalisierungsdiskurs fachbezogenen Analysen und Forschungstätigkeiten werden durch das 2018 an der Universität Witten-Herdecke durchgeführte interdisziplinäre Symposium aktualisiert und erweitert. Die Beiträge verdeutlichen, dass dieses neue, wissenschaftliche Forschungsfeld weiteres, ausführlicheres und weiterführenderes Nachdenken erforderlich macht. Ein Anfang ist gemacht!Jos Schnurer, socialnet.de, 21.08.2019.
Karin Amos, Markus Rieger-Ladich, Anne Rohstock
Erinnern, Umschreiben, Vergessen
Der Sammelband »Erinnern, Umschreiben, Vergessen« erweitert zweifelsohne die kritische Auseinandersetzung mit der Disziplin Erziehungswissenschaft. Er grenzt sich mit seinem in nahezu allen Beiträgen anklingenden, Selbstreflexion fordernden Impetus – gerade bezogen auf die Historiographie der Erziehungswissenschaft – sowie seinen diskursanalytischen und hermeneutischen Zugängen deutlich von anderen aktuellen Publikationen der erziehungswissenschaftlichen Wissenschaftsforschung ab.Friederike Thole, H-Soz-Kult, 02.09.2019.
Alfred Schäfer
Das geteilte kulturelle Erbe
Mit dem Zugang der vergleichenden Pädagogik informiert der Autor über Initiativen zur schulischen Sozialisation und vermittelt Modellvorstellungen, die einerseits modernen, kulturellen, interkulturellen und globalen pädagogischen Theorien entsprechen, andererseits die traditionellen, religiösen und interreligiösen Tendenzen der Ladakhi entgegenkommen.Jos Schnurer, socialnet.de, 12.09.2019.
Taner Akçam
Tötungsbefehle. Talat Paschas Telegramme und der Völkermord an den Armeniern
Der türkische Historiker Taner Akçam zeigt an den Telegrammen von Grosswesir und Innenminister Talat Pascha, wie Fakten verdreht oder unterschlagen wurden. Lügen wurden zur Norm. Nur: Wahrheiten haben die Angewohnheit, irgendwann ans Licht zu kommen.Lea Haller, NZZ Geschichte Nr. 24, 3. Oktober 2019.
Amanda Machin, Nico Stehr
Gesellschaft und Klima
Ja, die Bereitschaft wächst, an autoritäre politische Verfassungen zu denken. Aber die Hoffnung, dass autoritäre politische Gesellschaften mit dem Klimaproblem besser umgehen können, ist eine Illusion ersten Ranges. Wenn ich an die autoritären Regime in Russland oder China denke, dann sind deren Erfolge auf dem Gebiet der Umwelt doch sehr zweifelhaft, weil sich zeigt, dass autoritäre Regime andere Interessen haben. Ich bin vom Gegenteil überzeugt: nicht weniger Demokratie wagen – mehr Demokratie wagen. Die Volksparteien müssen sich darüber Gedanken machen, wie sie die Bürger mehr einbinden in politische Entscheidungen, damit diese eine höhere Zustimmung haben.Nico Stehr im Interview, Der Spiegel Nr. 41, 5.10.2019
Andrea Kretschmann
Das Rechtsdenken Pierre Bourdieus
Neben all den interessanten Forschungsperspektiven ist der vorliegende Band noch in einer weiteren Hinsicht neuartig. Die Autor*innen richten sich ganz selbstverständlich an ein rechtssoziologisch interessiertes Fachpublikum. Sie halten sich nicht mit der immer wiederkehrenden Frage auf, ob es denn so etwas wie eine deutschsprachige Rechtssoziologie überhaupt gibt und wie sich diese zu den Rechtswissenschaften verhält. Stattdessen wird sie ganz selbstverständlich vorausgesetzt und angesprochen und ist dadurch tatsächlich immer mehr vorhanden.Antonia Paulus, Rechtswirklichkeit, 07.11.2019.
Matthias Häussler
Der Genozid an den Herero
Dieses Buch war überfällig. [...] Die soziologische Prägung des Autors merkt man dem Buch auf jeder Seite an. Zugleich hat er sich als Historiker erfolgreich bemüht, den Quellenbestand zur Geschichte dieses Genozids auszuweiten, sodass er nicht allein auf deutsche Verwaltungsakten, sondern auch auf britische Überlieferungen und eine Vielzahl privater Nachlässe zurückgreifen konnte – hervorzuheben ist das handschriftliche Kriegstagebuch des Generals von Trotha. Im Vergleich zu geläufigen Ansätzen und Narrativen zum Hererokrieg, die meist nur längst bekannte Quellen nacherzählen, bringen diese neuen Originalstimmen und Häusslers souveräner Blick über fachhistorische Tellerränder den Lesern vor allem analytischen Mehrwert und Komplexitätsgewinn. Viele Texte der vergangenen Jahre zum Thema, man muss es so deutlich sagen, wirken nun gleichsam unterkomplex, gar naiv.Jakob Zollmann, MGZ 78/2 (2019).
Sarah Schulz
Die freiheitliche demokratische Grundordnung
Die Stärke der Studie liegt in ihrer stringenten Aufarbeitung des umfassenden Materials. Insbesondere das Herausarbeiten der historischen Entstehungsbedingungen der fdGO und der unterlegenen Positionen sind sowohl für die Einschätzung gegenwärtiger politischer Bewegungen als auch die wissenschaftliche Forschung von großer Bedeutung.Daniel Keil, Politische Vierteljahresschrift 2/2018.
Robert Seyfert
Beziehungsweisen
Abschliessend sieht Robert Seyfert den Begriff der Relationalität, in den mannigfaltigen Formen sozialer Beziehungen den Vorteil das anthropologische Primat zu überwinden. Dazu zählt er auch nichtmenschliche Akteure und Passeure teilhaftig, wie auch algorithmische Systeme mit ihrer eigenständigen handelnden Autonomie. Und so schliesst er mit den Worten: 'Die affektive Zusammensetzung aller Elemente und Typen sozialer Beziehungen bilden zusammen ein relationales Gefüge, ein institutionelles Affektiv'. Dem kann - aufgrund seiner umfassenden Ausführungen durchgehend zugestimmt werden.Walther u. Marga Prankl, kultur-punkt.ch, Nov. 2019.
Hans-Peter Waldhoff
Eros und Thanatos als Triebkräfte des Denkens
Zum Abschluss blätterte ich noch einmal Waldhoffs Buch von vorn nach hinten durch – und musste feststellen, wie viele seiner Stichworte, Aspekte und Schlussfolgerungen ich hier gar nicht angesprochen habe. Ich bin mir sicher, ich werde noch des Öfteren dieses Buch irgendwo aufblättern, und lesen, worauf mein Finger zeigt. Es wird sich lohnen. Es hat sich schon gelohnt.Heinrich Reiß, Jahrbuch für psychohistorische Forschung, Bd. 18, 2017.
Marian Adolf, Nico Stehr
Ist Wissen Macht?
Im Kapitel ›Demokratie und Wissen‹ weisen die Autoren auf die vielen Gefahren für die Demokratie hin, um dann klar gegen Technokraten, welche angesichts der Langsamkeit und Komplexität partizipativer Entscheidungsprozesse mit autoritären Top-down-Prinzipien der Entscheidungsfindung liebäugeln, zu votieren. Anstatt mit der Kahlschlagbehauptung ›aussergewöhnlicher Umstände‹ die Effizienz eines diktatorialen Stils zu postulieren und Demokratieverdrossenheit voranzutreiben, fordern die Autoren eine Erweiterung der Demokratie und weisen darauf hin, dass undemokratische Regimes kaum je nachhaltige Entscheidungen gefällt haben–wie das Beispiel des Klimawandels und der Klimapolitik eindrücklich demonstriert.Jakob Tanner, Sociologia Internationalis, Bd. 55, 1 2018.
Joachim Fischer
Exzentrische Positionalität
Fischers Plessner-Studien seien […] all jenen empfohlen, die sich eingehender mit der Theorierichtung der Philosophischen Anthropologie, dem Werk Helmuth Plessners und mit der Anwendung seines theoretischen Begriffsapparates auf architektur-, kunst-, literatur- sowie generell kultursoziologische Gegenwartsphänomene und Fragestellungen vertraut machen möchten.Daniel Grummt, Österreichische Zeitschrift für Soziologie, (2018) 43.
Enno Rudolph
Wege der Macht
In einer präzise zuspitzenden und raffenden Prosa wird er [der Leser] mit dichten Deutungen Platons, Thukydides', Hobbbes' Machiavellis, Shakespeares, Kants, Rousseaus, Rawls', Benjamins, Blumenbergs, Heideggers, Cassirers, Nietzsches, Habermas' und Rortys konfrontiert. Deutungen, die meist Umdeutungen darstellen und den Leser nicht – wie es der Mainstream zu tun pflegt – mit dem überraschen, was er bereits kennt. Das Buch bildet zudem das Gegenteil des in der Philosophie gern gepflegten Stils der Umständlichkeit. Es bietet unumständlichen Stil.Bernhard H. F. Taureck, Zeitschrift Marxistische Erneuerung, Nr. 114 Juni 2018.
Christian Bachhiesl, Sonja Maria Bachhiesl, Stefan Köchel
Intuition und Wissenschaft
Juristen seien auf die Beiträge von Benjamin Koller (»Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung im Strafverfahren«) und von Benjamin Galler (»Irrationale Strafrechtsbegründung in der NS-Diktatur. Zur Genese von Begriff und Konzept des ›gesunden Volksempfindens‹«) hingewiesen. Zahlreiche Literaturhinweise und ein Autorenverzeichnis komplettieren das umfangreiche Opus, das seine Entstehung einer verdienstvollen Initiative der Protagonisten des Hans-Gross-Kriminalmuseums verdankt. Die Lektüre ist auch für Forensiker bereichernd und empfehlenswert.Stefan Pollak, Archiv für Kriminologie, Bd. 241, Heft 3 und 4, März/April 2018.
Cornelius F. Moriz
Markt und Teilhabe
Moriz’ Studie hält, was sie verspricht: Die Diskrepanz zwischen Sein und Sollen in der kapitalistischen Moderne wird gekonnt aufgezeigt und geht über eine nüchterne Analyse hinaus. Im Kontext der jüngsten Diskussionen über die Relevanz eines bedingungslosen Grundeinkommens (vgl. z.B. das Streitgespräch zwischen Christoph Butterwegge und Richard David Precht) nimmt Moriz’ Beitrag eine geradezu erleuchtende Position ein. Es bleibt zu hoffen, dass er dementsprechend wahrgenommen wird.Michael Anger, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie (Jg. 70/2018, H. 4.
Matthias Häussler
Der Genozid an den Herero
Gleichwohl regt diese Studie damit zu weiteren Untersuchungen zu dem Verhältnis zwischen Emotion, Rassismus und Gewaltentfesselung an und sei all jenen empfohlen, die sich für Prozesse entgrenzter Gewalt im Allgemeinen oder den deutschen Krieg in »DSW« [Deutsch-Südwestafrika] im Speziellen interessieren.Frederike Schotters, H-Soz-Kult, 06.09.2019.
Bero Rigauer
Das Spiel des Sports
Auf Grundlage seiner Lektüre lässt sich aufgeklärter darüber diskutieren, mit welchen Problemen sich eine soziologische Betrachtung der Spiel-Sport-Beziehung auseinandersetzen muss und wie eine historisch-soziologische Analyse dieser Beziehung aussehen könnte. Das zu begreifen ist wichtig, weil Rigauer mit seiner hier ausgeführten spielaffinen Sichtweise auf den Sport – die übrigens einen bemerkenswerten Kontrast zu seinem ersten Buch »Sport und Arbeit« (1969) bildet – keineswegs allein ist.Tobias Werron, SUG 2018; 16 (2).
Christian Bachhiesl, Sonja Maria Bachhiesl, Stefan Köchel
Intuition und Wissenschaft
Es ist alles in allem kein überall nur kurzweiliges und multiperspektivisches, sondern ein sehr tiefgründiges, wissenschaftliches, die Intuition nach allen Regeln der Künste und Forschungsfelder durchbuchstabierendes Sammelwerk Grazer interdisziplinärer Näherungen vorgelegt worden.Albrecht Götz von Olenhusen, Zier-Köbler, Bd. 8/2018.