Soziale Klima-Nischen

Eine historische Soziologie naturwissenschaftlicher Gesellschaftsbeschreibung

  • broschiert
  • Erscheint: September 2025
  • 1. Auflage 2025
  • Sprache des Textes: Deutsch
  • ca. 400 Seiten
  • 22,2 cm x 14,0 cm
  • ISBN 978-3-95832-415-2
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Beschreibung


Hängt der Klimawandel mit Migration, Selbstmord und Kriminalität zusammen? Wie vulnerabel ist die Menschheit gegenüber Extremwetterereignissen? Droht die Gesellschaft, ihre klimatische Nische zu verlassen? Diese und viele weitere explizit soziale Fragen gehören wie selbstverständlich zu den Problemstellungen der naturwissenschaftlichen Klimaforschung. Youssef Ibrahim fragt in seiner Untersuchung, wie die Gesellschaft in den Gegenstandsbereich klimawissenschaftlicher Forschung gelangte und wie klimabasierte Gesellschaftstheorien sich über die Zeit verändert haben.

Mittels einer gesellschaftstheoretischen und wissenschaftssoziologischen Relektüre zeigt die Studie, dass das Modell klimatisch begrenzter Gesellschaften naturwissenschaftliche Publikationen seit jeher durchzieht. Über den Auswahlzeitraum von Mitte des 19. Jahrhunderts bis Ende der 1980er Jahre lässt sich dabei folgender Grundgedanke identifizieren, der nichts an seiner Aktualität eingebüßt hat: Die Grenzen der Gesellschaft werden durch die Grenzen des Klimas determiniert; die Gesellschaft ist in einer schmalen Klima-Nische zuhause.

Die Arbeit unterscheidet zwei Phasen der klimawissenschaftlichen Gesellschaftsbeschreibung. Bis zum ersten Drittel des 20. Jahrhunderts dominierte eine Theorie räumlicher Begrenzung, die eine klimatisch bedingte Fragmentierung der Gesellschaften in ›Kulturen‹, ›Rassen‹ und ›Zivilisationen‹ postulierte und im Rahmen von Feldforschungen und kolonialen Projekten weltweit zur Anwendung kam. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts breitete sich die gegenwärtig vorherrschende Theorie zeitlicher Begrenzung aus. Sie sieht nur noch eine singuläre Weltgesellschaft vor, die mit einer korrespondierenden globalen und zeitlich evolvierenden Klima-Nische experimentiere. Jedoch: Was auch immer am Ende des Experiments mit den Grenzen des Klimasystems wartet, die gegenwärtige Gesellschaft gehöre nicht dazu. Die Studie liefert sowohl eine Reflexion auf den Klimadiskurs und seine Geschichte als auch einen Beitrag zum Verständnis nichtsoziologischer Vorstellungen und Deutungen von Gesellschaft.

Ausgezeichnet mit dem Wladimir Köppen Preis 2024

Youssef Ibrahim


Youssef Ibrahim

Youssef Ibrahim ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Arbeitsbereich Soziologie, insb. Wissenschaftsforschung der Universität Hamburg. Seine Forschungsschwerpunkte sind Soziologische Theorie, Wissenschaftsund Technikforschung, historische Soziologie, Weltgesellschaftsforschung und Organisationssoziologie.