Durch den leichtfertigen Einsatz des Begriffes Faschismus verlieren wir das Gespür dafür, wie schleichend, bedrohlich und sehr konkret der Faschismus wieder Einzug in unsere Gegenwart hält. Italienische, spanische und deutsche Faschisten der 1920er- bis 1940er-Jahre trugen den Begriff zunächst als Zeichen autoritärer Stärke, nationaler Größe und ideologischer Reinheit. Was Faschismus ist oder sein soll, wurde seitdem vornehmlich von seinen Gegnern bestimmt, die Theorien des bzw. über den Faschismus entwickelt haben.
Heute kleiden sich diejenigen, die sich erneut faschistischen Ideen verschreiben, in harmlosere Begriffe. Sie tarnen sich als »Patrioten«, »Wertebewahrer« oder »Kritiker der Eliten«. Ein zentrales Element dieser Strategie ist die Uminterpretation der Geschichte. So fordern sie ein Ende des sogenannten »Schuldkults«, relativieren die Shoah, und bezeichnen die nationalsozialistische Barbarei, die den Kontinent in Schutt und Asche legte, als bloßen »Vogelschiss in der Geschichte«. Solche Aussagen sind keine rhetorischen Ausrutscher, sie sind ideologische Signale – bewusst gesetzt, um historische Schuld zu entkoppeln und den Weg für eine neue Normalisierung des Unaussprechlichen zu ebnen.
Der Faschismus ist zurück – nicht mit dem gleichen Namen, aber mit denselben Mechanismen: Ausgrenzung, Autoritarismus, Menschenverachtung.
Erscheint auch als eBook auf allen gängigen Plattformen.