Semantische Krisen

Urteilen und Erfahrung in der Gesellschaft ungelöster Probleme

  • 22,2 cm x 14,0 cm
  • 392 Seiten
  • broschiert
  • 16.02.2022
  • 1. Auflage
  • ISBN 978-3-95832-269-1
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Beschreibung


Postfaktizität und Verschwörungstheorien, Wutbürgertum und Politikverdrossenheit: Die Probleme liberaler Gesellschaften beginnen zusehends schon bei der Unfähigkeit, Probleme überhaupt angemessen zu beschreiben. Statt produktiv zu werden, entgleisen Kontroversen zum heillosen Zerwürfnis oder erlahmen in Schweigen.

Diese semantischen Krisen bezeichnen Krisen in der Verständigung über Krisen. Sie stellen eine Herausforderung dar sowohl für den demokratischen Willensbildungsprozess als auch für die Philosophie. Jan-Philipp Kruse untersucht die Bedingungen ihrer Genese. Er folgt dabei der These, dass eine grundsätzliche Beziehung zwischen Verstehen (Urteilen) und Handeln (Problemlösen) besteht. Gemachte Erfahrungen können sich nur dann in aussagekräftigen Begriffen organisieren, wenn sich diese in der Praxis gesellschaftlicher Problemlösung beweisen. Der Umgang mit der ökologischen Krise dient dem Autor dabei als Prüfstein seiner Theorie, die sich auch der nächsten, digitalisierungsgetriebenen Runde des ›Strukturwandels der Öffentlichkeit‹ (Habermas) zuwendet.

Jan-Philipp Kruse


Jan-Philipp Kruse ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sonderforschungsbereich 1285: Invektivität. Konstellationen und Dynamiken der Herabsetzung an der TU Dresden. Seine Forschungen richten sich aus sozialphilosophischer und entlang transdisziplinärer Perspektive(n) auf Schlüsselaspekte gesellschaftlicher Transformation. Bei Velbrück Wissenschaft hat er veröffentlicht: Digitale Transformationen der Öffentlichkeit (2020 mit Sabine Müller-Mall).

Pressestimmen


Die Quintessenz der umfangreichen und überzeugenden Unteruchung zeigt schliesslich 'die Art und Weise wie Probleme gesellschaftlich bearbeitet / moduliert werden, in der über diese Problembearbeitungen geurteilt wird. Handeln (Problemlösen) und Verstehen (Urteilen) hängen grundsätzlich zusammen, können jedoch im Kontext einer liberal-demokratischen Öffentlichkeit wachsen oder gegenseitig entwertet werden (angesichts von Politikverdrossenheit, Wutbürgertum..)'
Walter Prankl, kultur-punkt.ch, April 2022.
Das Buch ist zweigleisig angelegt: Es geht um Probleme bei der Verständigung, und um Probleme bei der gesellschaftlichen Lösung von Problemen. Die Pointe ist, dass beides eng miteinander zusammenhängt. Natürlich muss man sich über ein komplexes Problem verständigen, es analysieren, eine Lösungsstrategie entwickeln – und wo semantische Krisen auf den Plan treten, wird das jedenfalls schwerer fallen. Das ist die eine Seite. Die andere Seite betrifft die Struktur von gesellschaftlichen Problemlösungsprozessen. Ich komme hier noch einmal auf das nun wohl schon etwas überstrapazierte „Greenwashing“ zurück: Die Bearbeitung des Problems „ökologische Krise“ ist dann nicht zielführend, reklamiert es jedoch symbolisch für sich.
Jan-Philipp Kruse im Interview mit L.I.S.A - dem Wissenschaftsportal der Gerda-Henkel-Stiftung, 12.04.2022.
Die Fragen, weshalb liberale Gesellschaften nicht in der Lage scheinen, existentiellen Problemlagen wie der Klimakrise zu begegnen und wie ebendies ihnen doch gelingen könnte, ohne demokratische Prozesse aufzugeben, sind dringender als je zuvor. Weil Semantische Krisen der Verflechtung von Kommunikation, Erfahrung und Urteilskraft eine theoretische Grundlage bietet, ist Jan-Philipp Kruses Buch ebenso für die Praktische Philosophie wie für die Sozialphilosophie relevant.
Amira Möding, Soziopolis.de, 11.07.2023.