Erinnern, Umschreiben, Vergessen.

Die Stiftung des disziplinären Gedächtnisses als soziale Praxis

  • 1. Auflage 2019
  • Erscheinungsjahr: 2019
  • Erscheinungsdatum: 01.02.2019
  • Paperback
  • 320 Seiten
  • Fadenheftung
  • 22.2 x 14 cm
  • ISBN 978-3-95832-068-0
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Beschreibung


Der Blick auf wissenschaftliche Disziplinen und ihre Geschichte ändert sich, sobald Akte der Überlieferung als machtförmige soziale Praktiken betrachtet werden. Als solche ziehen sie Grenzen und verweigern bestimmten Wissensbeständen die Aufnahme in das disziplinäre Gedächtnis. Auch für die Erziehungswissenschaft ist diese Annahme folgenreich: Sie erscheint unter dieser Perspektive nicht nur als ein kollektives Unternehmen, das Wissen erzeugt und die Ergebnisse seiner Forschungen abspei-chert, sondern auch als ein umkämpftes politisches Projekt.
Richtungsentscheidungen werden also nicht erst dann virulent, wenn es um die Zukunft der Disziplin geht; zum Widerstreit kann es auch bezüglich der Vergangenheit kommen, wenn es zu entscheiden gilt, welche Theorietraditionen erinnert werden (und welche nicht), welche Wissensbestände als bewahrenswert gelten (und welche nicht), welche Fachvertreter/innen als 'legitime' Ahn/innen aufgerufen werden (und welche nicht).
Der Band versammelt erziehungswissenschaftliche Beiträge, die sich von schlichten Modellen der Akkumulation des Wissens verabschieden – und damit rechnen, dass wichtige Hinweise auf die Zukunft der Disziplin auch in der Vergangenheit liegen können.
Ähnlich wie Walter Benjamin dafür warb, das Bewusstsein für überraschende 'Konstellationen' zu schärfen, gehen die Beiträge von der 'Unabgeschlossenheit' der (Disziplin-) Geschichte aus. Sie laden dazu ein, weder die Vergangenheit der Disziplin zu verklären noch deren Zukunft. Nicht allein die Weichenstellungen, die es hinsichtlich der künftigen kognitiven und sozialen Identität der Erziehungswissenschaft zu treffen gilt, sind verwickelt in hegemoniale Kämpfe, auch der Blick zurück – die Stiftung des Gedächtnisses und die Organisation der Archive – ist Ausdruck des Ringens um die Ordnung des pädagogischen Diskurses.

Karin Amos


Karin Amos, Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Allgemeine Pädagogik unter besonderer Berücksichtigung International vergleichender Bildungsforschung und Interkultureller Pädagogik. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen international vergleichende Erziehungswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung von international education governance und die Bedeutung gesellschaftlicher Transformationen für Pädagogik und Erziehungswissenschaft. Seit dem Wintersemester 2013/14 hat sie das Amt der Prorektorin für Studium und Lehre inne.

Markus Rieger-Ladich


Markus Rieger-Ladich ist Professor für Erziehungswissenschaft an der Eberhard Karls Universität Tübingen.

Anne Rohstock


Anne Rohstock, Prof. Dr., ist Professorin für Erziehungswissenschaft an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Forschungsschwerpunkte: Zeitgeschichte von Erziehung und Bildung; Kultur-, Wissens- und Disziplingeschichte; Praxis- und Versammlungstheorien; Science and Technology Studies.

Pressestimmen


Der Sammelband »Erinnern, Umschreiben, Vergessen« erweitert zweifelsohne die kritische Auseinandersetzung mit der Disziplin Erziehungswissenschaft. Er grenzt sich mit seinem in nahezu allen Beiträgen anklingenden, Selbstreflexion fordernden Impetus – gerade bezogen auf die Historiographie der Erziehungswissenschaft – sowie seinen diskursanalytischen und hermeneutischen Zugängen deutlich von anderen aktuellen Publikationen der erziehungswissenschaftlichen Wissenschaftsforschung ab.
Friederike Thole, H-Soz-Kult, 02.09.2019.